Seit dem ich mittlerweile einige veredelte – und vor allem fruchtende – Citruspflanzen besitze, wollte ich ursprünglich Abstand von der Aussaat solcher nehmen. Da solche Vorsätze bei mir aber meist nichts als heiße Luft sind, sammelte ich in der letzten Zeit unbewusst die ein oder anderen Citrussamen. Darunter sind Samen von: Citrus x limon (Zitrone), Citrus reticulata (Mandarine), Fortunella margarita (ovale Kumquat), Fortunella hindsii (Hongkong-Kumquat) sowie × Citrofortunella microcarpa (Calamondin-Orange).
Während die erste Mandarinensaat schon fleißig wächst und gedeiht, war es nun an der Zeit, die restlichen Samen zu säen.
Zwei Tage lagen die Samen nun zum Vorquellen im Wasser und wanderten heute ins Aussaatsubstrat. Anhand der Bilder merkt man recht deutlich, welche Schale ich zuerst bestückte – und ja, die rechte war es. Schlussendlich verging mir währenddessen die Lust an der Ordnung und ich arbeitete zunehmens schlampiger. Erde drauf und das Chaos war bedeckt – perfekt. Spätestens zur Keimung wird es demnach ein heilloses Durcheinander geben. Aber egal, auf dieses Durcheinander freue ich mich jetzt schon!
Auch wenn diese Wildlinge (=aus Samen gezogene Exemplare) artenabhängig bis zu 10 Jahre benötigen, um zur ersten Blüte zu gelangen und in Sachen Ertrag und Fruchtqualität zu vernachlässigen sind, geht von ihnen doch ein ganz besonderer Reiz aus. Es sind Citruspflanzen ohne hässliche, wulstige Veredelungsstellen, die frei nach ihrem eigenen Interesse wachsen und gedeihen. Eben dieser natürliche Habitus gefällt mir ausgesprochen gut – völlig egal ob fruchtend oder nicht.
Wulstige Veredelungsstellen hin oder her: Zudem eignen sich wurzelechte Pflanzen hervorragend als Veredelungsunterlagen. Da die Anzahl der veredelten Citruspflanzen in diesem Jahr bei mir rapide gestiegen ist, könnte ich nun passende Edelreiser von ihnen nehmen und mich an die Kunst des Veredelns wagen. Erfahrungen habe ich auf diesem Gebiet absolut keine und so wäre dies sicher ein interessanter und lohnenswerter Weg, um meine Pflanzenfertigkeiten auszubauen und neue Erfahrungen zu sammeln.
Die Veredelung von Pflanzen nimmt teils sehr phantasievolle Züge an. Als Paradebeispiel sei hier der „Tree of 40 Fruit“ zu nennen. Dabei handelt es sich um einen Baum – viel mehr um ein botanisches Kunstobjekt – auf dem durch Veredelung 40 Fruchtsorten der Gattung Prunus wachsen. Besonders eindrucksvoll ist demnach die Blüte dieses Konstruktes, die in etlichen Nuancen zwischen weiß, rosa und rot verläuft. Solche Farbspektakel hat zwar keine blühende Citruspflanze zu bieten, aber der Gedanke, mehrere Citrusarten auf eine Unterlage zu pfropfen wäre theoretisch gar nicht so abwegig. Doch als Greenhorn auf diesem Gebiet, wäre ich ersteinmal schon sehr erfreut, wenn überhaupt nur irgendein Edelreiser anwachsen würde.
Nach grober Richtlinie eignen sich Citrussämlinge als Unterlagen, wenn ihr Stamm circa bleistiftdick ist. Das kann je nach Pflanze ein bis zwei Jahre dauern. Bis dahin kann ich mich also noch intensiv mit der Theorie beschäftigen.
Wenn man sich die Geschichte einiger Obstbäume anschaut, merkt man wie wichtig die sexuelle Vermehrung ist. Obstbäume wie „Schöner von Boskopp“ oder die Felsenbirnen Ballerina sind Zufallsfunde. Andere Züchtungen sind Ergebnisse jahrelanger Kreuzungs und Aussaatversuche. Du kannst dich in der Linie der Züchter sehen, die die vielen Sorten züchteten.
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Hallo Ben,
seit ich letztes Jahr die ersten Zitruskerne zum Keimen gebracht habe, befinde ich mich im „Keimwahn“. Zu spät hatte ich erfahren, daß die Pflänzchen den Winter in meiner warmen, dunklen Wohnung wohl kaum überstehen würden.Stimmte auch gar nicht. Sie haben überlebt, wenn auch sicherlich nicht unter idealen Bedingungen.
Unter den Kernen waren auch welche aus Grapefruits, die beim Umtopfen Anfang des Jahres wohl mit Blütenbildung auf den Stess reagierten. So hat es nicht zehn Jahre, sondern nicht einmal zehn Monate bis zur ersten Blüte gedauert. Falls die versuchte Pinselbestäubung zur Fruchtbildung führt, könnte das für das zarte Pflänzchen allerdings ein Problem werden.
Viel Erfolg mit Deinen Kernen
Franziska
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Hallo Franziska,
Keimwahn ist ein schöner Begriff! ;) Citruspflanzen sind eigentlich sehr robust und überwintern auch im suboptimalen Wohnraumklima sehr geduldig – auch wenn man manchmal anderes dazu liest. Bis auf etwas Blattverlust gibts da eigentlich selten Probleme. Robustere Exoten, als beispielsweise Zitronen sind mir bis dato noch nicht untergekommen. Sie vertragen im Alter sogar leichte Fröste.
Deine blühende Grapefruitjungpflanze ist sicherlich etwas sehr seltenes! Man sagt, dass Limetten am ehesten unter den Citruspflanzen blühen. Bei gekeimten Pflanzen kann das nach rund 2 Jahren der Fall sein – oftmals dauerts aber länger. Meine acht Jahre alte Zitrone hat bis heute nicht geblüht. Es ist je nach Art verschieden. Auf jeden Fall Gratulation zu den Grapefruitblüten! Habe mir eben deine Seite angeschaut und die Pflanze dort entdeckt. Wirklich schön, auch wenn es schon etwas widersprüchlich aussieht, dass so ein zartes Pflänzchen eine Blüte trägt.
Auf die Bergamotte bin ich ja ein wenig neidisch, muss ich gestehen! ;)
Sehr schöne Aussaatprojekte, die Du da dokumentierst!
Werde öfter reinschauen.
Ben
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