Kakteen und Sukkulenten: jetzt mit dem Überwintern beginnen

Eigentlich hatte ich vor, meine Kakteenanschaffungen nun zum Saisonende zu drosseln, doch der dornenlosen Schönheit (Mammilaria rhodantha) konnte ich dann doch nicht widerstehen.

Bei bevorstehender Winterpause macht es allerdings in meinen Augen wenig Sinn, die Sammlung noch weiter umfangreich aufzustocken. Einerseits ist es der Platz, der nach dem Einholen aller Pflanzen ins Haus eh schon arg limitiert ist, anderseits ist es die Ungewissheit, die mit jeder Überwinterung verbunden ist. Besonders bei Neuzugängen, die man selbst noch nicht überwinterte, möchte man sich keine Pflegefehler während dieser heiklen Phase erlauben. Oftmals muss man sich erst an die Pflanzen herantasten, um ihre Wünsche und Eigenarten kennenzulernen. Bei einer entsprechend großen Sammlung sprengt ein solch individueller Service allerdings den Rahmen, so dass es beim ersten Mal klappen muss.

Eine einhundertprozentige Garantie, dass alle Pflanzen den Sprung in die nächste Saison schaffen gibt es nicht. Man kann seine Pflanzen während der Vegetationsphase noch so enthuisiastisch hegen und pflegen, aber sobald die Winterpause naht, steht man unweigerlich vor dem Ungewissen; werden auch alle Pflanzen die Überwinterung überleben? Die Frage stellt man sich erst recht, wenn man als Überwinterungsmöglichkeit weder Wintergarten noch beheiztes Gewächshaus zur Verfügung hat, sondern lediglich gewöhnlichen Wohnraum mit beschränktem Platzangebot, viel zu hoher Temperatur und wenig Licht.

die Überwinterung rechtzeitig vorbereiten

Doch sollte man sich von solchen Faktoren und Gedanken nicht die Freude an Kakteen und Sukkulenten vermiesen lassen. Die wenigsten Sammler sind hochprofessionell Ausgerüstet und können auf Equipment zurückgreifen, das sonst botanischen Gärten vorbehalten ist (hätte man dies, würde das Stichwort statt Überwinterung ohnehin Durchkultivierung lauten). Bei der überwiegenden Mehrheit der Semiprofessionellen und Hobbyisten ist es letztendlich der Improvisationsgeist, der zum Ziel führt – auch wenn man sich zur Weihnachtszeit dann wohlwollend den Dschungel und die Steppe ins Haus holt.

Jede Gattung hat ihre eigenen Ansprüche an Standort, Licht- und Wasserbedarf. Es wäre schon ein großer Zufall bei einer Sammlung ausgerechnet Exemplare zu besitzen, die identische Ansprüche haben. Meist ist die Sammlung bunt gemischt und verlangt Kompromisse. Möchte oder kann man nicht auf jedes Bedürfnis eingehen und an etlichen verschiedensten Standorten im Haus Kakteen überwintern, macht es Sinn, hier schon rechtzeitig grob zu sortieren: Welche Pflanzen benötigen einen kühlen Standort, welche sind tolerant und können bei Wohnraumtemperatur gehalten werden?

die Faustformel: hell, kühl und trocken

Grundsätzlich gilt: kühl, hell und trocken soll es sein. Mit dieser Faustformel liegt man auf der sicheren Seite. Doch lassen sich solche Plätze im Wohnraum oft kaum finden. Kakteen trocken zu halten, dürfte hierbei der einfachste Part sein. Ab September werden die Wassergaben verringert, bis man sie gegen Ende Oktober komplett einstellt. Gegossen wird dann wieder zu Beginn der Vegetationsphase im Frühjahr gegen Anfang April. Doch wie schafft man die anderen Faktoren? Der kühlste Raum dürfte bei den meisten der Keller sein. Aber ist es hier zu dunkel und man müsste mit aufwändiger und kostspieliger Pflanzenbeleuchtung nachhelfen. Ein kühler und heller Flur bei 12°C wäre hierbei ideal. Optimalerweise direkt am Fenster oder gar ein Wandregal unter einem Dachfenster. Aber wie vorgehen, wenn man absolut keinen Raum unter Raumtemperatur zur Verfügung hat? Manch einer beißt in den sauren Apfel und kühlt einen Raum (Hartgesottene gleich die ganze Wohnung) durch Dauerlüften entsprechend auf einen einstelligen Gradbereich herunter. Sicherlich ist nicht jeder so – nennen wir es – masochistisch veranlagt und holt sich nicht nur die Pflanzen, sondern auch direkt den Winter ins Haus.

Doch Fakt ist: eine Sammlung mit entsprechender Größe braucht auch nunmal im Haus Platz und erfordert meist Kompromisse. Ich kann glücklicherweise auf ein unbenutztes Zimmer zurückgreifen und nutze dieses als Pflanzenzimmer. Die Temperatur ist dort zwar nicht optimal, aber durch häufigeres Lüften deutlich kühler, als im restlichen Haus. Da ich meine Kakteensammlung seit Sommer in Euroboxen untergebracht habe, konnte ich alle Kakteen ohne großen Aufwand nun halbwegs hell, kühl und katzensicher auf einem Schrank am Fenster unterbringen. Viele der Pflanzen erleben nun den ersten Winter unter meiner Obhut, von daher liegt mir sehr viel daran, hoffentlich ohne nennenswerte Kollateralschäden in die nächste Saison zu starten.

Da viele Kakteen ihren Blühtrieb auch von der vorherigen Überwinterung abhängig machen, ist die Blühfreudigkeit im Folgejahr ein guter Maßstab für die Qualität der Überwinterungsbedingungen.

 

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7 Antworten zu “Kakteen und Sukkulenten: jetzt mit dem Überwintern beginnen

  1. Hallo Ben!

    Du sprichst mir aus der Seele. Das Problem mit der Überwinterung von Pflanzen kenne ich nur zu genau durch meine Balkonpflanzen. Ähnlich wie du habe ich alles im Kopf durchgespielt: Überwinterung im Keller? Nein, die Temperatur stimmt zwar, aber es ist zu dunkel. Überwinterung in der Wohnung? Nein, hell genug ist es zwar, aber dafür zu warm.
    Leider verfüge auch ich nicht über den tollen Luxus eines Wintergartens. Aber immerhin haben wir im Moment ein noch mehr oder weniger leer stehendes extra Zimmer, wo ohnehin aufgrund der feuchten Wäsche des Öfteren das Fenster aufgerissen werden muss. Sehr empfindliche Pflanzen habe ich dort untergebracht. Die anderen Pflanzen, die als winterhart gelten, habe ich draußen gelassen und bei Frost höchstens noch mit Gärtnervlies abgedeckt. Nach dem letzten harten Winter habe ich mit dem Schlimmsten gerechnet, aber ich wurde schon jetzt im März wieder sehr positiv überrascht: Alle Pflanzen bis auf eine bilden neues Blätterwerk aus und wachsen wieder. Ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut. Keine Ahnung, ob ich einfach nur Glück hatte oder ob ich doch einen grünen Daumen habe. Ich hoffe natürlich auf Letzteres!

    Liebe Grüße

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  2. Bei mir stehen noch alle Epis draussen-und blühn und blühn. Dieses Jahr war, was Blüten angeht, genial.

    Ein weiterer Vorteil von meinen Epiphytischen Stachlern: es muss nicht ganz so kalt werden, ein ungeheiztes Zimmer reicht vollkommen. Was viele Unterschätzen: lüften, lüften, lüften. Auch wenns Schweinekalt draussen ist. Wer einmal ne „Riesensammlung“ im Zimmer ruhen hatte, weiss, welch ekelhafte Luft dadrin herrschen kann…da freut sich Wolllaus und Co.

    Jaja, das heissgeliebte Improvisations-„talent“ sollte man schon haben bei einer Stacheligen Sammlung. Ich werde dieses Jahr wohl nicht vermeiden können, sehr viel zu improvisieren…

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    • Ein paar meiner Schlumbergeras stehen auch noch draußen. Aber der Rest ist eingemottet. Temperaturtechnisch geht da sicherlich noch was, aber die Feuchtigkeit bereitete mir in der letzten Zeit immer größeres Kopfzerbrechen, so dass ich mich schließlich entschied, die Kakteen einzuholen.

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    • Die Überwinterung ist dort ähnlich wie bei anderen Kakteen: Hell, kühl (nicht unter 10°) und trocken. Mit dem Trockenhalten kann man aber ruhig etwas lockerer umgehen, zumal die Pflanze eh mehr Wasser braucht/verträgt, als gewöhnliche Kakteen. Sobald die Triebe aufgrund der Trockenheit weich werden, würde ich etwas Wasser nachgeben – aber am Besten erst gar nicht so weit kommen lassen. Meine Königin steht im Flur (sieht man sogar auf dem linken Bild unten) unter einem Fenster. Für gewöhnlich ist es da heller, als auf dem Bild. Aber durchs Fenster kommt zusätzlich frische Luft, so dass auch in der Heizperiode dort oben immer ein frisches Lüftchen herrscht.

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