Buch: Reichtum ernten – Vielfalt im Gemüsebeet

Heute möchte ich ein Buch vorstellen, das ich von der Schwester meiner Freundin als nachträgliches Geburtstagsgeschenk bekam. Auch wenn ich persönlich nicht unbedingt der Gemüsegärtner bin, ist „Reichtum ernsten – Vielfalt im Gemüsegarten“ ein Buch, das mir persönlich Lust auf mehr bereitet und als informative Inspirationsquelle und Ansporn dienen kann.

Das 2009 im Kosmosverlag erschienene Buch kommt in einem stabilen Hardcovereinband und informiert auf etwas mehr als 130 Seiten über Gemüsebau im heimischen Garten. Die Tendenz geht hier sehr deutlich in Richtung alte Früchte und Sorten, die man in keinem Supermarkt finden wird. Eben dieser rote Faden der Arterhaltung und des ökologischen Gartenbaus zieht sich durch das komplette Buch, das unter der Regie der Autoren Ute Klaphake, Dierk Jensen und Karin Lüdemann entstand.

Das erste von insgesamt fünf Kapiteln leitet ins die Thematik des heimischen Gemüsebaus (Stichwort: Selbstversorgung) und seinem Imagewandel ein. Besonders der Vergleich zwischen Obst und Gemüse aus dem Einzelhandel und selbstgeernteten Früchten wird hinterfragt und teils gar philosophisch erläutert. Obwohl das Buch bereits von 2009 ist, gewinnen die Themen immer mehr an Aktualität. Insbesondere in Anbetracht der EU-Saatgutverordnung, die im letzten Jahr für hitzige Diskussionen sorgte, sind Schlagworte wie „keine Patente auf Lebewesen“ oder eben die Geschichte mit der Kartoffelsorte „Linda“ nur all zu präsent.

Im nächsten Kapitel „Lokale Helden“ portraitieren die Autoren Menschen, Vereine und Initiativen, die sich für den Erhalt alter Sorten einsetzen. Dort fällt auch der Satz „Samenbau ist Politik„, der die Ausrichtung des Buches bis jetzt eigentlich sehr prägnant zusammenfasst. Zwar lässt das Buch auf den ersten Blick ein Nachschlagewerk für den Gemüsebau im heimischen Garten vermuten, doch könnte man es ebenso gut der Politikliteratur zuordnen. Es ist interessant zu erfahren, welche Prozesse analog zum Anbau laufen, von denen der Kleingärtner gar nichts mitbekommt. Prozesse, die weder der Biologie/Botanik, noch der Gartenbaupraxis unterliegen, sondern bürokratische Prozesse und Verfahren zur Genehmigung von beispielsweise neuen Sorten darstellen.

Ein gewisses Interesse an Politik und Ökologie sollte man allerdings schon mitbringen, da die ersten beiden Kapitel eher durch Theorie und Fakten glänzen, als durch praktische Themen. Ich mag beides! Die reinen Praktiker werden allerdings im dritten Kapitel „Vielfalt zeigen“ auf ihre Kosten kommen. Um es kurz zu fassen: wurden im vorherigen Kapitel noch Personen vorgestellt, die sich für den Saatguterhalt einsetzen, bekommt man nun einen Einblick in deren Schaffen – nämlich alte, wiederentdeckte und seltene Gemüsesarten und Sorten, die kaum (mehr) einer kennt und vollends von Massensorten aus dem Horizont des Ottonormalverbrauchers verdrängt wurden.

Hand aufs Herz: wem sind Gemüse wie Winterheckenzwiebel, Etagenzwiebel, Cardy, Guter Heinrich oder Roter Meier noch ein Begriff? Das dritte Kapitel klärt auf und bietet Erklärungen zu Geschichte, Herkunft, Habitus, Anbau und Verwendung dieser unbekannten Gemüsesorten. Natürlich dürfen auch aussagekräftige Bilder nicht fehlen. Insgesamt kommt das Buch auf knapp 150 Abbildungen und Fotos.

Nach der Vorstellung der verheißungsvollen Pflanzen, folgt im vierten Kapitel ein weiteres Praxisthema: der Saatbau. Gemüse säen und ernten ist im Allgemeinen kein großer Akt, gibt es doch mittlerweile in jedem Supermarkt Samentütchen zu kaufen. Selbst unter Fensterbankbedingungen wird man sicher die ein oder andere Tomate, Paprika oder Gurke ernten können. Doch wie wird man unabhängig von gekauftem Saatgut und erntet sein eigenes zur weiteren Aussaat? Am Beispiel der Tomate erfährt der Leser hier einiges zur eigenen, völlig autarken Gemüsezucht, ohne dabei auf Hybridsorten angewiesen zu sein.

Mit nahezu anklagenden Worten wird das letzte Kapitel durch folgenden Satz eingeleitet: „an der Höhe und Häufigkeit des Rasenschnitts lässt sich die geistige und kulturelle Verfassung einer Gesellschaft ablesen. [..] je kürzer, je häufiger, desto naturfeindlicher„. Ein kurzer Rasen kann natürlich auch als Zeichen der Ästhetik gewertet werden, welche bekanntermaßen im Auge des Betrachters liegt. Ob man daher nun den Sinn für Ästhetik mit Naturfeindlichkeit und Ignoranz gleichsetzen kann, ist fraglich. Doch darf man diese Aussage durchaus überspitzt werten, sieht man dieses Kapitel als Apell an die Gesellschaft – quasi als Aufruf zur Initiative gegen die Normierung von Saatgut und Pflanzen. Was definitiv ein Schritt in die richtige Richtung ist, um die Biodiversität aufrecht zu erhalten. Denn die Zukunft liegt im Garten.

 

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Eine Antwort zu “Buch: Reichtum ernten – Vielfalt im Gemüsebeet

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