Ob das Pfropfen von Kakteen oder das Veredeln von Obstbäumen – bei beiden Techniken werden Teile von unterschiedlichen Pflanzen miteinander kombiniert. Erst letzte Woche veröffentlichte ich einen Artikel zu gepfropften Kakteen und legte diverse Argumente für und wider das menschliche Eingreifen in das natürliche Wachstum von Pflanzen dar. Eine solche Thematik polarisiert, das war mir von vornerein klar, auch wenn ich versuchte, den Artikel doch möglichst objektiv zu halten. Da ich ursprünglich die Position eines Gegners dieser Thematik einnahm, erwartete ich eher Kritik seitens der befürwortenden Fraktion.
Doch brachte der Artikel in diversen Foren tatsächlich Steine ins Rollen, die menschliche Abgründe offenbarten. So manch Pflanzenliebhaber fühlte sich durch diese Thematik so dermaßen persönlich angegriffen, dass das Pfropfen von Kakteen gar mit Frankenstein’schen Motiven, wie dem Tausch von menschlichen Köpfen nach Gutdünken, verglichen wurde.
Würdest du es denn schön finden, geköpft zu werden, wüeil jemand anderem ein anderer Kopf auf dir besser gefallen wrde?
Mir war zwar durchaus bewusst, dass das Thema Pfropfen bei manchen Menschen ethische Kontroversen auslösen könne, doch mit solch Absurditäten, rechnete selbst ich nicht, obwohl die Recherche zu dem Thema mich doch schon ein wenig in diese Richtung sensibilisierte.
Es war schon erstaunlich, wie sehr gepfropte Kakteen die Gemüter erhitzten. Der Tenor der Reaktionen war recht deutlich: Das Pfropfen von Kakteen mochte nicht unbedingt das Paradebeispiel für diese Technik des Veredelns gewesen sein. Doch wie würde es bei einer viel alltäglicheren Form der Veredelung, mit der wir nahezu täglich – wenn auch indirekt – konfrontiert werden, aussehen?
Man stelle sich den Ertragsobstbau vor, wie wir ihn heutzutage kennen und gewohnt sind, wenn das Veredeln von Obstbäumen keine gängige Praxis wäre. Obst, welches in Massen an veredelten Bäumen geerntet wurde, liegt auf jedem Tisch. Selbst auf den Tischen derer, die ihren Standpunkt durch aggressive Äußerungen gegen jegliches Eingreifen in die Natur untermauerten.
Interessanterweise herrschte beim Thema Veredelung im Ertragsobstbau vielfach ungewohnte Diskussionsflaute. Das Argument der Zweckmäßigkeit wurde hier und da als kläglicher Versuch der Rechtfertigung in den Raum geworfen. Die just noch erwähnte Metapher mit den vertauschten Körperteilen plötzlich verdrängt, schien so mancher auch seinen radikalen Standpunkt zu vergessen, mit dem er jegliche Veredelungsmethoden als Teufelswerk abstempelte. Die Hoffnung auf eine sachliche Diskussion war für mich spätestens hier erloschen.
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Geschmacksache, sagte der Affe und biss in seine Seife.
Es gibt sie natürlich, die Hardliner, die dieses komplett verteufeln( ich hab die Reaktionen ja selbst mitbekommen).
Was ich nur immer so furchtbar interessant finde:
Warum muss ich direkt pampig werden, wenn jemandem etwas gepropftes gefällt und mir nicht? Kann es mir nicht…völlig egal sein? Es steht ja nicht bei mir. Ich finde die bunten Gepropften jetzt auch nicht so dolle, aber, mein Gott, es wird auch genug Leute geben die meine Epiphyllum oder Rhipsalis stinklangweilig finden.
Ich selbst habe 1 Gepropfte Lactea geschenkt bekommen. Nun gut, dann steht sie halt dabei, es wird mich nicht umbringen.
Da finde ich die Zimmer- und Balkonblumen „wegwerf Politik“ viel schlimmer. wenn ich dann sehe, das da hunderte mehrjährige Fuchsien etc. Nur deshalb auf den Müll kommen, weil mab sie ja billig vorgetrieben kaufen kann.
Dann hab ich lieber meine fuchsien-Lieblinge, die jetzt nach und nach schöner und größer werden, wo ich sagen kann( nicht ohne stolz): das hab ich geschafft.
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Ja das stimmt, es ist eine Sache des Geschmacks. Habe jetzt nur das Beispiel aus der Kakteengruppe aufgenommen, weils halt so omnipräsent war. Solche Reaktionen fand ich zu Hauf im Netz. Es scheint wirklich eine Glaubenssache zu sein, für die manche eine sehr radikale Position beziehen.
Mit der Wegwerfpolitik in Sachen Zimmer- und Balkonpflanzen sprichst du mir aus der Seele.. Da werden exotische Schönheiten als einjährige Saisonpflanzen verkauft und kaum einer weiß noch, dass sie über Jahre zu prächtigen Exemplaren heranwachsen können.. bestes Beispiel: eben die genanten Fuchsien..
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