Eine Kreissäge stand schon seit längerer Zeit auf meiner Einkaufsliste. Spätestens, als ich im Frühsommer mit dem Bau meiner Werkbank anfing, wusste ich, dass ich hier mit Handsägen und elektrischer Stichsäge kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen würde. Meine Ideen gingen in Richtung Tischkreissäge oder Kapp-/Gehrungssäge. Zwar informierte ich mich gründlichst, doch konnte ich keine sinnvolle Entscheidung fällen – die Auswahl war zu groß, die Erfahrung zu gering. Die Zeit verstrich und irgendwie schaffte es schließlich doch, die kritischen Teile per Hand und mit viel Geduld recht ordentlich und akurat zurecht zu sägen.
Wie der Zufall so spielte, gab es heute (14. August 2014) bei LIDL eine Handkreissäge im Angebot. Zwar nicht unbedingt das, was ich suchte, doch erschien mir dieses Angebot als gute Möglichkeit, um micht überhaupt ersteinmal mit Kreissägen vertraut zu machen. Der niedrige Preis von lediglich 39Eur war zudem Anreiz aber auch ein Punkt, der große Skepsis in mir auslöste. Zumal die Produkte, die ich mir bereits anschaute, in völlig anderen Preisklassen lagen.
Die technischen Daten des Gerätes weckten allerdings sofort mein Interesse:
- 1350Watt Motorleistung,
- 2200-4700 U/m,
- regulierbare Schnitttiefe bis max. 65mm,
- Gehrungsschnitte bis 45°,
- Führungslaser,
- Parallelanschlag
- und zwei mitgelieferte Sägeblätter mit 24 und 48 Zähnen.
Für den Preis konnte es entweder ein völliger Reinfall oder das absolute Schnäppchen des Jahres sein.
Mit Spannung machte ich mich auf den Weg Richtung Lidl und erwischte glücklicherweise einen der letzten Kartons. Daheim angekommen dann die Überraschung: Im Karton erwartete mich ein ungeordnetes Chaos. Alle Teile lagen wild umher und von obligatorischen Styroporteilen, die alles in Position hielten, war nichts zu sehen. Da die Siegel unversehrt waren, beachtete ich das Chaos nicht weiter und räumte den Karton voller Elan aus.
Der Lieferumfang war wie erwartet und bestand aus Kreissäge, 2 Sägeblätter (davon eines bereits in der Säge), Parallelanschlag, Adapter für die Staubabsaugung und Batterien für den Führungslaser.
Da das grobe Sägeblatt ab Werk eingespannt war, begann ich mich direkt ans Wechseln. Schließlich besagt die Faustregel: je feiner das Blatt, desto feiner der Schnitt. Der Blattwechsel ging mit dem mitgelieferten Inbusschlüssel einfach vonstatten und erinnerte mich an den Sägeblattwechsel meiner Flex. Nachdem alles wieder fest angezogen war, konnte ich das Gerät endlich in Betrieb nehmen und diverse Testschnitte an verschiedenen Hölzern üben. Erst jetzt entdeckte ich das Rad für die Drehzahlregulierung. Unterteilt in sechs Schritte lassen sich damit Drehzahlen zwischen 2200 und 4700 Upm wählen. Für Holzschnitte empfehlen sich laut Handbuch die höheren Drehzahlen.
Akribisch wie ich bin, achtete ich besonders auf die Genauigkeit der Schnitte. Vorbelastet mit Wellenschnitten meiner Stichsäge war ich auf diesem Gebiet stark sensibilisiert. Das Geodreieck bereits zur Hand, um hoffentlich exakte Senkrechte nachzuweisen, dann der Schock: zwar wurden die Schnitte auch freihand sehr gerade, doch waren sie alles andere als senkrecht. Bei der anschließenden Fehleranalyse, nahm ich jeden Winkel der Maschine genauestens unter die Lupe. Den Urheber dieser Fehlfunktion machte ich schließlich in der Verbindung zwischen Motorblock und Schlitten aus. Das Scharnier, das beide miteinander verbindet, hatte etwas Spiel, was zwar kaum merklich war, aber dennoch dazu führte, dass die Säge in diesem Zustand keine exakt senkrechten Schnitte sägen konnte. Besonders starker Druck auf die Griffe der Maschine führten dazu, dass teils mehrere Grad Abweichung sicht- und messbar waren.
Abhilfe brachte eine hauchdünne Unterlegscheibe, die ich in mühevoller Handarbeit noch dünner bekommen musste, damit sie diese Lücke im Gelenk füllen konnte. Nach etlichen Versuchen passte die Scheibe endlich und meine Idee ging auf. Schön geht zwar anders, doch war der Spielraum nun ausgefüllt, der die Genauigkeit der Säge so sehr beeinträchtigte. Einstellungen an Schnitttiefe und Gehrung ließen sich auch weiterhin mühelos vornehmen und es wackelte nichts mehr. Schlitten und Motorblock ergaben nun eine Einheit, die es schaffte nahezu perfekte Schnitte zu sägen!
Was ich nun nicht bedachte, war der Anschluss für die Staubabsaugung, der wie ein Auspuff wirkte und jegliches Sägemehl in meine Richtung pustete. Auch hier war etwas improvisation gefragt und so reichte es aus, einen Beutel drüberzustülpen, der jegliches Sägemehl aufsammelte.
Fazit:
Es ist zwar keine Metabo, aber mit etwas Improvisation macht das Maschinchen wirklich viel her und vor allem viel Spaß!
Die Säge liegt gut in der Hand, hat jede Menge Power und schnurrt selbst durch 58mm Kantholz wie durch Butter. Lediglich der Sägeblattschutz knallt nach dem Schnitt lauthals in seine Ausgangsposition. Hier kann ein Filzgleiter sicher Abhilfe schaffen und den Schlag dämmen.
Die Lautstärke der Maschine ist extrem hoch, aber wer Flex und co kennt, wird auch nichts anderes erwarten. Interessant ist der Sanftanlauf, den man eigentlich nur von hochpreisigen Markengeräten kennt. Der Motor startet dabei mit niedriger Drehzahl, eh er nach einigen Sekunden die volle Leistung erreicht. Hier sollte man der Maschine die Zeit gönnen, eh man zum Schnitt ansetzt. Ob man diese Funktion nun mit dem Sanftanlauf teurer Geräte vergleichen kann, weiß ich nicht. Fakt ist allerdings, dass es scheinbar macht was es soll.
Mit diesem Teil werd ich hoffentlich einige Insektenhotels und Werkbänke fertigstellen! Allerdings wird erst die Zeit zeigen, ob das Teil wirklich was taugt. Der erste Eindruck ist auf jeden Fall ziemlich gut. Wer „einfach nur mal schauen“ will, wird mit diesem Gerät sicher zufrieden sein. Wer hohe Ansprüche hat, sollte allerdings erfahrungemäß besser einen grünen Schein drauflegen und zu einem Markenprodukt greifen!
ps.
der nächste Artikel ist wieder ein Pflanzenartikel. Versprochen! ;)
Richtig toller Artikel. Konnte total viele und gute Informationen sammeln. Auch wenn es die Säge nicht mehr gibt, hab ich jetzt trotzdem um einiges mehr Ahnung. Vielen Dank. LG
LikeLike
Hört sich ganz ordentlich und auch auf den Fotos macht das Gerät einen guten Eindruck. Beim nächsten Angebot werde ich auch zugreifen.
LikeLike
Auf den Fotos macht die Handkreissäge einen sehr guten Eindruck. 2 Sägeblätter dabei, LED und Parallelschiene sind auch dabei. Mal sehen wenn Aldi die Säge wieder anbietet, dann werde ich auch zugreifen.
LikeLike
der Parallelanschlag ist nur bei groben Schnitten geeignet. Platten, bei denen es nicht auf den mm ankommt, lassen sich damit ordentlich schneiden, aber das Teil ist zu filigran, um wirklich ordentlich damit zu arbeiten. Allerdings kauft man sich auch keine 40Eur Kreisssäge, um damit Ergebnisse zu erzielen, die man bei Festool, Makita und co. erwartet. Für den Preis bin ich mit dem Lidl-Teil vollkommen zufrieden.
LikeLike
Hallo Ben,
ich habe den Vorgänger Deiner Lidl-Kreissäge und bin eigentlich ganz zufrieden. Ich habe mir eine Führungsschiene dafür gebaut, damit ich die Schnitte exakt gerade hinbekommen. Für lange Schnitte nutze ich einen 2,5 m langen Richtscheit aus Alu als Führungsschiene.
Schöner, ausführlicher Test.
Herzliche Grüße
Frank
LikeLike
Ich bin auch wirklich sehr zufrieden. Dass man solche Billiggeräte mit Festool, Metabo und co nicht vergleichen kann ist ja klar, aber das Teil macht, was es soll und das sogar sehr ordentlich. Mittlerweile ist diese Säge eines meiner Lieblings E-Werkzeuge. Die Idee mit den Führungsschienen ist wirklich super. Habe auch schon damit experimentiert, aber noch kein konkretes Ergebnis. Wobei auch Freihand recht gute Ergebnisse kommen.
LikeLike