Ludisia discolor – die etwas andere Orchidee

Was für die Passionsblumen die Passiflora cearulea ist, ist innerhalb der Familie der Orchideen die Phalaenopsis: Vertreter einer Gattung oder Familie, die der breiten Masse als Stellvertreter für ihre komplette Verwandschaft bekannt sind und als das namenstragende Exemplar schlechthin gelten. Durch die Omnipräsenz solcher Beispiele im Einzelhandel manifestieren sich diese Namensirrtümer. Vielen ist durchaus nicht bekannt, dass es weitere – völlig – andere Exemplare derartiger Gattungen und Familien gibt und sich diese eben nicht durch besagte Beispiele definieren. Die Natur ist zum Glück ein Buch mit einer schier endlos scheinenden Anzahl an Seiten – ein Buch das niemals langweilig wird, außer man schaut sich lediglich ständig den Bucheinband an.

Insbesondere Orchideen sind mittlerweile zu Modepflanzen erwachsen, die „in etlichen Variationen“ in nahezu jedem Discounter regelmäßig angeboten werden. Man muss jedoch kein Botaniker sein, um festzustellen, dass es sich dabei oftmals um lediglich unterschiedliche Farbvariationen der Phalaenopsis handelt. Eine zwar wunderschöne Pflanze, die allerdings eben durch ihre Omnipräsenz an Reiz und Spannung verloren hat (auf den neuesten Clou der Pflanzenmarketingbatallion, der blaublühenden Phalaenopsis möchte ich nun nicht eingehen). Zwar finden sich immer häufiger auch anderer Vertreter dieser Familie im Handel, darunter Dendrobium und Oncidium, doch spielen diese im Schatten der gepushten Varianten eher eine Nebenrolle.

Nichtmals eine Nebenrolle, wenn überhaupt eine Statistenrolle, spielt Ludisia. Eine Orchidee, die bislang so gut wie gar nicht im Einzelhandel zu finden ist, jedoch als robuste und hübsche Zimmerpflanze angepriesen wird – wenn man denn das Glück hat und ein Exemplar erwischt.

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Im Vergleich zu vielen anderen Orchideen, die Epiphytisch – also als Aufsitzer in Astgabeln – gedeihen, zeichnet sich Ludisia discolor dadurch aus, dass sie durch unterirdische Rhizome in ihrem Habitat eher als Bodendecker wächst. Während die Vermehrung bei Orchideen prinzipiell eine Wissenschaft für sich ist, finden sich im Internet Quellen, die bei Ludisia lediglich von „einfach zu bewurzelnden Stecklingen“ sprechen.

Die weißen, etwa 10mm kleinen Blüten stehen bei Ludisia an einer Rispe. In der Optik erinnern diese an miniaturisierte Phalaenopsisblüten. Jedoch war es das auch schon, was die Pflanzen in Sachen Ähnlichkeit verbindet. Entgegen der eher unscheinbaren Blüten, sind es bei Ludisia viel mehr die Blätter, die als markante Eigenschaft ins Auge stechen. Samtig und in einer Mischung aus dunkelrot und grün mit hellen Steifen, erscheinen die Blätter als erfrischender Kontrast im Vergleich zum typischen Habitus einer Phalaenopsis. So prächtig viele Orchideenblüten sind, so unspektakulär sind die Pflanzen nach der Blüte. Ludisia hingegen ist auch eine ausgesprochen ansehnliche Grünpflanze.

Ludisia discolor fand ich nun zum ersten Mal in einem Baumarkt. Recherchen ergaben, dass hinter dieser Pflanze eine Art Marketingkampagne steckt, die diese Orchidee scheinbar salonfähig machen soll. Schön ist die Pflanze auf jeden Fall. Selten auch – noch zumindest. Ob die Bekanntheit steigt, bleibt abzuwarten.

Die Kampagne erinnert stark an Brighamia insignis, die mit einem ähnlichen Geleit in den Handel gelangte. Vor rund zehn Jahren kosteten diese Pflanzen noch ein kleines Vermögen und hatten eine Marketingkampagne im Rücken, die sich für den Erhalt der hawaiianischen Flora (wenn ich mich recht entsinne), einsetze. Der Run auf die Hawaiipalmen begann schleppend, während sie Anfangs noch als totale Raritäten galten, schwappte ihre Welle auch hier auf ihrer Hochzeit sogar bis in die Discounter. Mittlerweile ist es wieder ruhiger geworden und die, für den Massenmarkt produzierten Exemplare, weichen wieder den Liebhaberexemplaren, die es auf Raritätenbörsen zu kaufen gibt.

Ob Ludisia discolor einen ähnlichen Weg beschreiten, und zu einer „must-have Rarität“ deklariert wird?

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