Mittlerweile neigt sich der April dem Ende zu. Mein Vorsatz, mindestens einen allgemeinen Statusbericht pro Monat zu posten, konnte ich leider nicht einhalten. Vielleicht liegt mir der zweimonatige Turnus ja besser. ;)
Die heiße Phase der Prüfungsvorbereitung neigt sich dem Ende zu. Am 3. Mai habe ich meine schriftliche Abschlussprüfung und dahingehend verbringe ich meine Freizeit seit Wochen damit, Bücher, Artikel und Unterrichtsmaterialien zu wälzen und zu verinnerlichen. Wobei das Verinnerlichen eher einem Auffrischen gleich kommt. Die Zwischenprüfung ist zum Glück noch kein halbes Jahr her und die Inhalte noch topaktuell verfügbar.
Hauptsächlich ging es in der letzten Zeit nicht zuletzt auch darum, Inhalte zu lernen, die mir durch den Wegfall des dritten Ausbildungsjahres und dem damit verbundenen Lehrgang fehlten. Den entfallenen Lehrgang bedauere ich leider sehr. Primär jedoch wegen des einwöchigen Aufenthaltes in Münster, den ich bereits letztes Jahr zum zweiten Lehrgang sehr genossen habe. Wer einmal das Gartenbaucentrum Münster-Wolbeck gesehen hat, wird wissen, wie sehr einem Pflanzennerd dort das Herz aufgehen kann. Nicht zuletzt hat Münster generell sehr viel zu bieten, weshalb mein letzter Lehrgang für mich mehr einem kleinen Urlaub glich und ich die Freizeit zum Sightseeing nutze.
Doch was nicht ist, das ist nicht. Jetzt stehen die Prüfungen an und ich sehe mittlerweile einem neuen Lebensabschnitt entgegen. Allein die Tatsache, dass die sich die alltägliche stumpfe geistige Unterforderung im Ausbildungsbetrieb nun endlich dem Ende zuneigt, gibt mir neue Motivation und pusht mich so ungemein nach vorn, dass ich am liebsten heute schon die Prüfungen absolvieren würde. Bitte nicht falsch verstehen; ich weiß die Ausbildung sehr zu schätzen, sie eröffnet mir Wege, meine Zukunft zu gestalten, um letztendlich im nächsten Jahr das Gartenbaustudium zu beginnen. Jedoch ist die Arbeit in einem Zierpflanzenbetrieb alles andere als erfüllend und für Menschen wie mich oftmals zermürbend und balastend. Erst recht, wenn Pflanzen zu einer rein kommerziellen Massenware verkommen, die es schnell und gewinnbringend zu verkaufen gilt und man jedes Mal auf’s Neue seine Prinzipien über Bord werfen muss, was die Wertschätzung der Lebensform Pflanze betrifft.
Willkommene Abwechslung bereitete mir im Februar der Berufswettbewerb der Gärtner, bei dessen Vorentscheid ich für den Kreis Wesel als Kampfrichter antrat. Kampfrichter als Azubi? Um über andere Azubis zu urteilen? Ja, ich konnte es auch kaum glauben, als mir die Ehre erteilt wurde, in diese Rolle zu schlüpfen. Durch strikte Reglementierungen ist die Teilnahme am Wettkampf nur bis zum 27. Lebensjahr erlaubt, jedoch muss ich persönlich sagen, brachte mir die Rolle der Authoritätsperson im Wettbewerb deutlich mehr Erfahrung ein, als die Partizipation als Wettkampfsteilnehmer. Netterweise bedankte sich das Berufskolleg Wesel, der Gastgeber des Ortentscheids, sogar für meinen Samstag, den ich zum Wohle der Jugend geopfert habe! Schön, dass es noch Menschen gibt, die die Aufopferung des Wochenendes nicht als Selbstverständlichkeit ansehen und dafür sogar ihren Dank aussprechen! ;)
Auch privat geht’s voran. Als – mittlerweile – staatlich geprüfer Asperger-Autist stehen einem nach der geltenden Rechtsprechung Nachteilsausgleiche und Gleichstellungen zu, um Defizite kompensieren zu können, die die Leistungsfähigkeit und Gesundheit auf gewissen Gebieten einschränken könnten. Voraussetzung: Beantragung eines Schwerbehindertenausweises. Lange kämpfe ich mit der Sinnhaftigkeit und etwaiger Stigmatisierung dieses Ausweises, zumal es bei mir nur eine schwach ausgeprägte Form des Autismus ist. Mir fehlt kein Körperteil und ich bin auch nicht auf den Kopf gefallen. Wozu also den Weg gehen?
Ich kenne meine Fehler, aber weiß auch wo meine Stärken liegen. Jedoch sehen viele Menschen leider nur die Fehler, auch wenn diese den Stärken weit unterlegen sind. Um hierbei eine gewisse Sicherheit zu haben und sich rechtfertigen zu können, macht es Sinn, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen.
Seit meiner Diagnose hatte ich in den letzten Monaten einige „Outings“, der O-Ton vieler ging in die selbe Richtung: „Man merkt es Ihnen gar nicht an!“. Genau das ist es. Ich bin ein Schauspieler, mittlerweile ein recht guter. Wer mich nicht oder nur oberflächlich kennt, wird vielfach gar nichts merken, außer, dass ich ein stiller Zeitgenosse bin. Jedoch ist die Schauspielerei anstrengend und es ist jedes Mal ein Kampf mit mit selbst, ein Ringen mit dem Gewissen; „Wozu das Ganze?“ Letztendlich siegt mittlerweile die Ratio: „Um sein Leben zu leben!“. Alles andere ist keine Option, daher trage ich freiwillig täglich die Maske, deren Gewicht auf der anderen Seite jedoch an mir zerrt.
Aber ich will im Leben weiter kommen und meine Ziele erreichen. Ich habe mittlerweile die Einsicht gefunden, dass es doch manchmal hilfreich ist, dabei nicht komplett auf sich selbst zu vertrauen, sondern sich in die Hände studierter Spezialisten zu begeben, wenn diese Maske zu schwer wird. Und gerade hierbei kann es äußerst Sinnvoll sein, wenn man den Grad seiner Defizite eben amtlich besiegelt hat.
Soviel zum Thema „Warum?“. Den Ausweis habe ich noch lange nicht. Für mich war es ein schwerer Schritt, überhaupt den Antrag abzugeben. Doch nach mittlerweile rund drei Monaten habe ich immerhin die Eingangsbestätigung meiner Unterlagen erhalten! Ist das nicht wunderbar, wie schnell die Ämter arbeiten? ;-)
Das war’s auch schon zum aktuellen Statusupdate. Ich weiß nicht, wann ich das nächste Posten werde. Vielleicht nächsten Monat, vielleicht in zwei Monaten. Auf jeden Fall aber nach meiner schriftlichen und vor meiner praktischen Prüfung. Drückt mir die Daumen!
Danke und bis bald!